Februar 2020
In der Bibel gibt es nach dem Prophetenbuch Jeremia das Buch „Klagelieder“. Obwohl es Zweifel an der Verfasserschaft gibt und kein Autor im Text genannt wird, geht man bei den meisten Bibelwissenschaftlern von Jeremia aus.
Der Prophet hatte jahrelang versucht, Israel wieder zu bekehren und gepredigt, Gott anzubeten. Aber das Volk ließ sich nicht umstimmen, so dass eine Strafe für ihre Sünden drohte. Im Jahr 587 v.Chr. passiert die große Katastrophe: die Babylonier unter König Nebukadnezar II fallen in Israel ein, zerstören Jerusalem sowie den Tempel und verschleppen einen Großteil der Juden. Die Babylonische Gefangenschaft beginnt. Jeremia war bei der Zerstörung live dabei und man kann sich vorstellen, wie er sich gefühlt haben muss. Am Boden zerstört, schockiert und völlig enttäuscht schreibt er in dieser Situation einige traurige Lieder. Später wurden diese als Buch mit sechs Kapiteln in den Kanon der Bibel als „Klagelieder Jeremias“ mit aufgenommen. Das Bild anbei zeigt einen Ausschnitt aus einem Gemälde in der Sixtinischen Kapelle. Mit der Gestik, die Michelangelo dem klagenden Propheten gegeben hat und dem Hintergrundwissen um die Thematik, lesen sich die folgenden Zeilen recht eindrucksvoll und plastisch:
„Knechte herrschen über uns und niemand ist da, der uns von ihrer Hand errettet. Wir müssen unser Brot unter Gefahr für unser Leben holen, bedroht von dem Schwert in der Wüste. Unsre Haut ist verbrannt wie in einem Ofen von dem schrecklichen Hunger. Sie haben die Frauen in Zion geschändet und die Jungfrauen in den Städten Judas. Fürsten wurden von ihnen gehenkt, und die Alten hat man nicht geehrt. Jünglinge mussten Mühlsteine tragen und Knaben beim Holztragen straucheln. Es sitzen die Ältesten nicht mehr im Tor und die Jünglinge nicht mehr beim Saitenspiel. Unsres Herzens Freude hat ein Ende, unser Reigen ist in Wehklagen verkehrt. Die Krone ist von unserm Haupt gefallen. O weh, dass wir so gesündigt haben! Darum ist auch unser Herz krank, und unsre Augen sind trübe geworden um des Berges Zion willen, weil er so wüst liegt [dort stand der Tempel], dass die Füchse darüber laufen.“ (Klgl. 5, 8-18).
© Bezirk Detmold